

Informationen für Eltern
Helfen Sie uns helfenInformationen für Eltern in Fällen von Mobbing und Cyber-Mobbing
In den folgenden Videos und Texten geben wir Ihnen Anregungen und Tipps, was Sie als Eltern tun können, wenn Sie durch ihre Kinder mit dem Thema (Cyber-)Mobbing konfrontiert sind.
Was ist der Unterschied zwischen Mobbing & Cybermobbing
Das Internet und die sozialen Netzwerke sind für die meisten Kinder und Jugendlichen längst ein fester Bestandteil des Lebens. Sobald ein digitales Medium in einem Mobbingfall integriert ist, spricht man automatisch von Cybermobbing. In fast allen Mobbingfällen, die uns in unserer Arbeit begegnen, sind digitale Medien integriert, daher ist eine Unterscheidung zwischen Mobbing und Cybermobbing wenig hilfreich. Aus diesem Grund sprechen wir immer von Cybermobbing. Durch die sozialen Medien schaffen die Kinder und Jugendlichen einen Raum, zu welchem Erwachsene keinen oder nur kaum Zugriff haben. So entstehen dort eigene Werte- und Normenrahmen, welche sich oftmals in eine dissoziale Richtung entwickeln und die so von außen weder sichtbar noch zu kontrollieren sind. Folgende Aspekte sind bei (Cyber-)Mobbing besonders problematisch:
Großes Publikum
Beleidigungen können auch nach dem Unterricht über Messengerdienste verbreitet oder über Plattformen wie Youtube oder Instagram für ein großes Publikum veröffentlicht werden. So kann es sein, dass ein Foto in weniger als einem Tag an praktisch alle Schüler:innen einer Schule verschickt wird. Das verheerende dabei: Was einmal online zugänglich war, kann nicht mehr zuverlässig gelöscht werden.
Rückzugsort geht verloren
Während Mobbing früher primär in der Schule stattgefunden hat und die Geschädigten, wenn sie zu Hause waren ihre Ruhe hatten, gibt es für die Betroffenen durch die digitale Kommunikation keinen Rückzugsort bzw. Schutzraum mehr.
Reaktionen des Opfers nicht sichtbar
Die Folgen und die Reaktion der geschädigten Person sind für die Tatverantwortlichen nicht unmittelbar sichtbar.
Hoher Grad an Anonymität
Die Täter:innen können sich zudem hinter einem Pseudonym oder einem Fake Profil verstecken und behalten so einen hohen Grad an Anonymität.
Welche Rollen & Phasen gibt es in einem Mobbingfall?
Bei der Erläuterung der Rollen und Phasen in einer Mobbingsituation kann es für das bessere Verständnis Sinn machen, die beiden Phänomene Mobbing und Cybermobbing getrennt voneinander zu betrachten. Folgende Rollen lassen sich innerhalb einer typischen Mobbing-Situation in einer Schulklasse unterscheiden:
- Der/ die Täter:in initiiert und plant gezielt Angriffe auf das Opfer, das die leidtragende Person der Mobbing-Situation ist.
- Assistent:innen unterstützen Täter:innen durch aggressive Verhaltensweisen gegen-über dem Opfer, im Sinne der Täterin/ des Täters.
- Verstärker:innen unterstützen Täter:innen weniger durch aktive Verhaltensweisen, sondern eher passiv, zum Beispiel durch Lachen, Anfeuern oder unterstützende Kommentare.
- Verteidiger:innen unterstützen das Opfer.
- Außenstehende sind diejenigen Schüler:innen, die sich dem Geschehen zu entziehen versuchen, das heißt nicht eingreifen und wegschauen
Es gibt im Grunde drei Phasen des Mobbings:
Testphase
Hier prüft der oder die Tatverantwortliche, welche Person oder welche Personen sich als Opfer eignen und wie die Gruppe darauf reagiert, wenn diese Person angegriffen wird. Dies ist die Phase, in welcher Mobbing am besten verhindert werden kann und für welche wir die Schüler:innen auch in unserer Heldenakademie sensibilisieren. Wenn sich die betroffene Person in der Testphase effektiv wehren kann, sich die Gruppe vor das Opfer stellt und sagt, dass es in der Gruppe sowas nicht geben darf oder eine Lehrkraft einschreitet, kann der Mobbingangriff meist schnell beendet werden und es finden keine weiteren statt. Wird aber ein Opfer gefunden, bei welchem die Gruppe kein Problem hat, dass es gemobbt wird, bzw. sogar mitmacht kommt es zur Konsolidierungsphase.
Konsolidierungsphase
In dieser Phase fangen die Mitschüler:innen an sich zu positionieren. Der Täter oder die Täterin sammelt Unterstützer:innen und Assistent:innen um sich, die dem Mobbing gegenüber positiv eingestellt sind und das Verhalten des Täters/ der Täterin verstärken. Andere versuchen gegebenenfalls das Opfer zu verteidigen und wiederum andere halten sich aus der ganzen Sache raus. Spätestens in dieser Phase weiß aber eigentlich schon die ganze Klasse, dass es Mobbing in der Klasse gibt.
Manifestationsphase
In dieser Phase sind praktisch alle Mitschüler:innen am Mobbing beteiligt und sind sich einig darüber, wer auf welche Art und Weise zum Opfer gemacht wird. Es gibt in der Manifestationsphase praktisch keine Verteidiger:innen und keine Zuschauer mehr. Wenn wir eine Klasse erleben, bei der diese Phase erreicht wird, sind auf allen Seiten schon sehr viele Emotionen im Spiel und es wird immer schwieriger das Mobbing zu beenden. Schafft man es aber, geht eine solche Klasse oft auch gestärkt aus der Situation heraus und es kommt zu keinem weiteren Mobbingangriff, weil die Klasse nun die Mechanismen kennt. Eine solche Situation zu erschaffen, benötigt aber Fachleute und ist auch für uns immer wieder eine große Herausforderung.
Wie erkenne ich, ob mein Kind von Mobbing betroffen ist, und was sind langfristige Folgen?
Fehlende Kommunikation
Betroffenen von (Cyber-)Mobbing fällt es häufig schwer sich anderen mitzuteilen, da ihr Selbstwert durch die andauernde Schikane nachhaltig beschädigt ist, sie sich selbst die Schuld geben und aus Scham niemandem davon erzählen. Somit kann es sein, dass Sie als Eltern zunächst gar nicht mitbekommen, dass ihr Kind gemobbt wird.
Warnzeichen
Erste Warnzeichen können das Meiden von Schule, Mitschüler:innen und Freund:innen sein, ebenso wie vermehrter Rückzug, häufiges Klagen über Kopf- und/oder Bauschmerzen, sowie das Absinken der schulischen Leistungen. Die langfristigen Folgen von (Cyber-)Mobbing reichen bis hin zu Depressionen, Angstzuständen, Essstörungen und vermehrter Aggressivität.
Suchen Sie das Gespräch
Sollten Sie diese Merkmale bei ihrem Kind feststellen, ist es ratsam das Gespräch mit ihm zu suchen und sich als Vertrauensperson anzubieten, zu der Ihr Kind jederzeit kommen kann, drängen Sie ihre Unterstützung jedoch nicht auf. Dabei kann auch das Teilen von eigenen Mobbingerfahrungen einen möglichen Zugang für Ihr Kind eröffnen.
Machen Sie ihrem Kind keine Vorwürfe
Wenn sich Ihr Kind Ihnen gegenüber öffnet, ist es von großer Wichtigkeit, dass Sie es ernst nehmen und ihm das Gefühl vermitteln, nicht allein zu sein. Sätze wie: „Warum hast du dich denn nicht gewehrt?“ sollten dabei vermieden werden, um die meist ohnehin vorhandenen Schuld- oder Schamgefühle nicht zu verstärken. Machen Sie Ihrem Kind deutlich, dass die Schuld auf keinen Fall bei ihm liegt, und stärken Sie es in seinem Selbstvertrauen.
Handeln Sie nicht auf eigene Faust
Sollte Ihr Kind Ihnen konkrete Namen der Täter:innen anvertrauen, vermeiden Sie es diese oder deren Eltern selbst zur Rechenschaft zu ziehen. Es ist zwar verständlich, dass Sie ihr Kind in Schutz nehmen möchten, die Eltern eines Täters oder einer Täterin wollen dies jedoch meist ebenfalls und blocken oftmals jegliche Vorwürfe ab. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass die Position Ihres Kindes noch weiter geschwächt wird, wenn die Täter:innen merken, dass es seine Eltern vorgeschickt hat.
Wenden Sie sich an die Schule
Wenden Sie sich stattdessen an die Schule, sprechen Sie mit Lehrkräften, Vertrauenslehrer:innen Schulsozialarbeiter:innen oder wenden Sie sich an schulpsychologische Beratungsstellen. Suchen Sie das Gespräch mit der Klassenleitung und informieren Sie diese über die Situation. Es ist von großer Wichtigkeit, dass das Mobbing in der Schule ernstgenommen und unterbunden wird, da sonst ein dissozialer Normen- und Werterahmen entsteht, in dem Mobbing geduldet wird. Darüber hinaus ist es ratsam alles zu dokumentieren und Beweise zu sammeln, wie beispielsweise Screenshots von Chatverläufen oder Social-Media-Posts, in denen Ihr Kind angegriffen wird. In vielen Fällen steigern sich die Angriffe auf die Betroffenen mit der Zeit. Kommt es dabei zu Körperverletzung oder Sachbeschädigung ist es sinnvoll die Polizei hinzuzuziehen.
Was kann ich tun, wenn mein Kind Täter:in oder Opfer von Mobbing ist?
Suchen Sie das Gespräch
Wenn Sie den Verdacht haben, dass ihr Kind Täter:in in einem Mobbingfall ist, oder dieser Vorwurf an Sie herangetragen wird, sollten Sie dringend das Gespräch mit Ihrem Kind suchen. Auch wenn man als Eltern das eigene Kind in Schutz nehmen möchte, ist es von großer Wichtigkeit hier nicht wegzusehen und zu überprüfen, inwiefern die Anschuldigungen oder der Verdacht zutreffen.
Interessieren Sie sich wirklich für ihr Kind
Sollte sich herausstellen, dass ihr Kind tatsächlich Täter:in ist, versuchen Sie den Grund dafür herauszufinden. In vielen Fällen ist beispielsweise der oder die Täter:in in einem anderen Kontext selbst Opfer. Auch die familiäre Situation oder der Freundeskreis können hier Anhaltpunkte bieten. Hinterfragen Sie dabei auch sich selbst kritisch und sprechen Sie mit Ihrem Kind sowie Personen aus dessen Umfeld.
Stellen Sie klar, welche Folgen das dissoziale Verhalten hat
Wichtig ist es vor allem aufzuzeigen, welche Folgen das Verhalten Ihres Kindes für die betroffene Person hat. Darüber hinaus ist es ratsam die Klassenleitung zu kontaktieren, um die Situation besser einschätzen zu können und gemeinsam eine Lösung zu finden. Die Lehrperson kann ihre persönliche Wahrnehmung schildern und bringt somit einen anderen Blickwinkel auf die Situation. Darüber hinaus kann auch die Schulleitung informiert werden und es können Präventionsangebote von der Schule genutzt werden, wie beispielsweise unsere Heldenakademie. So kann gezielt durch geschulte pädagogische Fachkräfte mit der gesamten Klasse gearbeitet werden, da Mobbing immer ein Gruppenphänomen ist.
Wie etabliere ich einen guten Normen- & Werterahmen in meiner Familie?
Versuchen Sie einen positiven Normen- und Werterahmen vorzuleben
Dazu ist es wichtig, dass Sie sich als Eltern klar machen, was für Sie ein positiver Normen- und Werterahmen bedeutet. Dieser sollte nach dem Grundprinzip ausgerichtet sein, dass jede:r so respektiert wird, wie er oder sie ist. Diese Etablierung kann letztendlich nur über eine Haltung geschehen.
Beziehen Sie die Kinder in die Entscheidung mit ein und stellen gemeinsam Regeln auf
Erziehung kann auf zwei Arten funktionieren: Entweder es werden Regeln vorgegeben, die eingehalten werden müssen und ansonsten folgen Konsequenzen. Es gibt die Möglichkeit an das gute Gewissen der Kinder zu appellieren, dass diese bereits in ihrer Selbstbestimmtheit wissen, was gut ist und was nicht.
Unserer Erfahrung nach liegt der Ansatz dazwischen: Natürlich ist ein Regelwerk notwendig, um den Normen- und Werterahmen positiv zu gestalten, es geht jedoch auch dazu Kindern Verantwortung zu geben und diesen eine gewisse Entscheidungskompetenz zuzuschreiben.
Geben Sie ihren Kindern Verantwortung
Je mehr Kindern zugetraut wird und sie in ihrer intrinsischen Motivation gefördert werden, umso mehr sind diese auch bereit, von sich aus aktiv zu einem positiven Normen- und Werterahmen beizutragen.