Zwei junge Frauen mit Megafon auf gelbem Hintergrund. In der Mitte Schriftzug

Wie Schulklassen von Feedbackkultur profitieren

18. August 2023

„Ich mag dich. Du hast da was zwischen den Zähnen. Entschuldigung, das habe ich nicht verstanden. Hör auf mit dem Sch***!“ – Das alles ist Feedback. Die meisten von uns geben sich alltäglich mehr oder weniger charmante Rückmeldungen, die mehr oder weniger hilfreich sein können. Allerdings gibt es auch viele Menschen, die Angst haben kritisiert zu werden oder zu kritisieren. Insbesondere in unserer Arbeit mit Schulklassen fällt uns oft auf, dass Feedbackkultur vielen Schüler*innen noch fremd ist und was für Wunder diese bewirken kann. Welchen Unterschied das machen kann und wie wir lernen können gutes Feedback zu geben und anzunehmen, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Was ist eigentlich eine Feedbackkultur?

Der beste Nährboden für Feedback ist ein Normen- und Werterahmen, in dem alle frei ihre Meinung äußern können, ohne dafür verurteilt oder angegriffen zu werden. Wenn dies gegeben ist, kann eine Umgebung geschaffen werden, in der es selbstverständlich ist, Feedback zu geben und zu erhalten. Familien, Unternehmen, Freundesgruppen oder eben Schulklassen können so ihr Entwicklungspotential erheblich steigern und Wachstumschancen für alle Mitglieder ermöglichen. Durch regelmäßigen Austausch werden Gruppenprozesse optimiert, Beziehungen gestärkt und Konflikte konstruktiv angegangen.

Das Johari-Fenster

Zeichnung des Johari-Fensters. Grundlegendes Modell für Feedbackkultur.

Kontaktbereitschaft, also sich anderen zu zeigen und zu öffnen, erhöht die Feedbackqualität. Feedback zu erhalten, anzunehmen und zu reflektieren ermöglicht Selbsterkenntnis. So können wir blinde Flecken in unserer Selbstwahrnehmung erkennen, die uns sonst nicht aufgefallen wären.

Was heißt das konkret für Schulklassen?

Bestenfalls gibt es gegenseitiges Feedback zwischen Lehrkräften und Schüler*innen sowie unter den Schüler*innen selbst. Dieses Feedback sollte nicht nur auf Leistung und Noten beschränkt sein, sondern vielmehr als Instrument zur persönlichen Entwicklung dienen. Den Lernenden hilft es, ihre Stärken und Schwächen zu erkennen und sich weiterzuentwickeln. Doch auch die Lehrkräfte können von ihren Schüler*innen lernen. In einer Feedbackkultur sind sowohl Lernende als auch Lehrende offen für Feedback und nutzen es, um sich gegenseitig zu verbessern.

Vorteile von Feedback in der Schule

Jede*r Schüler*in ist einzigartig und hat unterschiedliche Bedürfnisse. Eine Feedbackkultur ermöglicht es Lehrkräften, auf individuelle Stärken und Schwächen einzugehen und gezielt Unterstützung anzubieten.

Schüler*innen lernen, ihre eigenen Leistungen und Fortschritte realistisch einzuschätzen. Dies fördert die Selbstreflexion und hilft, Verantwortung für das eigene Lernen zu übernehmen.

Offenes Feedback schafft eine Atmosphäre des Vertrauens zwischen Lehrkräften und Schüler*innen. Schüler*innen fühlen sich ermutigt, Fragen zu stellen, Unsicherheiten anzusprechen und aktiv am Unterricht teilzunehmen.

Lernende, die regelmäßig Feedback erhalten, erzielen bessere Leistungen in der Schule. Dies liegt daran, dass sie ihre Lernziele besser verstehen und wissen, wie sie sich verbessern können. Positives Feedback kann außerdem dazu beitragen ein hohes Leistungsniveau zu halten.

Feedback fördert nicht nur die fachliche Entwicklung, sondern auch soziale Kompetenzen wie Kommunikation, Empathie und Respekt. Schüler*innen lernen, Feedback anzunehmen und zu geben, was im späteren Leben von unschätzbarem Wert ist.

Viele Menschen fühlen sich auch von hilfreichem Feedback schnell gekränkt und nehmen sich so selbst Entwicklungschancen. Eine Feedbackkultur kann dafür sorgen, dass man lernt Kritik anzunehmen und offener darauf zu reagieren.

Zwei Extreme

Wenn es um Feedback geht, können wir immer wieder zwei extreme Verhaltensmuster beobachten. Überall gibt es diese Leute, die „zu nett“ sind und solche, die „zu frech“ sind. Wir alle kennen jemanden, der „zu nett“ ist, um anderen seine ehrliche Meinung zu sagen. Das kann daran liegen, dass dieser Mensch harmoniebedürftig ist und Konfrontation vermeiden oder niemanden kränken will. Diese Menschen merken oft nicht, dass sie sich das Leben damit selbst sehr schwer machen. Häufig werden sie ausgenutzt und es bleiben ihnen einige Türen im Leben verschlossen. Das Paradoxe ist, dass wir anderen meist mehr schaden, wenn wir ihnen unsere ehrliche Meinung vorenthalten, da wir ihnen so wichtige Entwicklungschancen verwehren. Also scheut euch nicht und sprecht miteinander! Für Neulinge im negativen-Feedback-geben bietet sich auch die Sandwich-Methode an: erst etwas Nettes, dann etwas Negatives und dann wieder etwas Nettes sagen. So könnt ihr eure Kritik in Watte packen und euch langsam rantasten, wie es sich anfühlt euren Mitmenschen Feedback zu geben. Dabei ist es natürlich wichtig, trotzdem ehrlich zu bleiben.

„Denn es muß von Herzen gehen,

Was auf Herzen wirken soll.“

Johann Wolfgang von Goethe

„Zu frech“

Wenn wir Feedback auf eine zu aggressive oder beleidigende Art bekommen, ist es schwerer das anzunehmen. Bei einem scheinbaren Angriff machen viele Menschen aus Selbstschutz dicht oder versuchen sich zu wehren, indem sie selbst aggressiv werden. Das kann zu Eskalation führen. Für einen konstruktiven Austausch sollte es ein gemeinsames Fundament geben, auf dem persönliche Grenzen respektiert werden. Das bedeutet aber nicht, dass wir immer nüchtern und sachlich bleiben müssen. Natürlich sprechen wir ein emotional aufgeladenes Thema anders an. Wir sind keine kalten Roboter und wenn etwas von Herzen kommt, dann merken wir das oft auch.

Mehr als Worte

Ein Schreien kann uns alarmieren und auf akute Gefahr aufmerksam machen. Ein Flüstern kann uns Gänsehaut geben. Eine Whatsapp-Nachricht kann uns verwirren. Ein Feedback unter Tränen kann uns berühren. Ein Liebesbrief kann uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Feedback ist mehr als bloße Worte. Die Art, wie es rübergebracht wird, der Ort und die Umstände können viel ausmachen. Wenn es um Dinge geht, die die gesamte Gruppe betreffen, ist es förderlich, diese auch im Plenum anzusprechen. Ein persönliches Feedback hingegen, ist unter vier Augen angemessener. Der Zeitpunkt kann auch viel ausmachen. Spreche ich Dinge sofort an, wenn sie mir auffallen, obwohl mein Urteil eventuell noch nicht ausgefeilt ist? Oder warte ich, lasse den Gedanken reifen und laufe dabei Gefahr das Feedback so lange aufzuschieben, bis es mir irrelevant erscheint? Um das nötige Feingefühl für gutes Feedback zu entwickeln, braucht es in erster Linie eins: Übung. Und die bekommen wir, wenn wir einfach mal anfangen.

Stuhlkreis mit bunten Stühlen

Eine Feedbackkultur etablieren

Du bist Lehrkraft und möchtest deine Klasse durch Feedbackkultur stärken? Du möchtest, dass es selbstverständlich wird, sich gegenseitig Rückmeldung zu geben und anzunehmen? Du möchtest einen Raum schaffen, in dem persönliches Wachstum möglich ist? Dann gibt es einige Dinge, die du tun kannst, um das zu erreichen:

Erkläre deinen Schüler*innen, wie man konstruktives Feedback gibt und erhält. Vermittle ihnen die Vorteile von Feedback und dass es dazu dient, gemeinsam zu lernen und zu wachsen.

Du kannst den Weg weisen, indem du selbst offenes und konstruktives Feedback gibst und annimmst. Zeige deinen Schüler*innen, wie Feedback gegeben wird, indem du wertschätzend darauf reagierst. Ermutige die Klasse, ihre Gedanken und Ideen zu teilen.

Plane bewusst Zeit für Feedback ein. Das zeigt den Schüler*innen, dass Feedback einen hohen Stellenwert hat und nicht nur eine nachträgliche Maßnahme ist. Lernende sollten Feedback während des gesamten Lernprozesses erhalten, nicht nur zu Quartalsgesprächen oder Elternsprechtagen. So können sie ihre Fortschritte verfolgen und lernen, wie sie sich selbst verbessern können.

Lernende sollten ermutigt werden, Feedback zu geben, nicht nur zu erhalten. Dies kann dazu beitragen, dass sich sie als Teil des Lernprozesses gesehen fühlen und dass ihre Stimmen gehört werden.

Stelle sicher, dass Feedback von Schüler*innen nicht nur an die Lehrkraft, sondern auch untereinander fließt. Schaffen Sie einen Raum, in dem alle Stimmen gehört werden.

Einen guten Anstoß für eine Feedbackkultur kann unsere Heldenakademie bieten. Unser Verein legt besonderen Wert auf Feedback und das vermitteln wir auch in unseren Programmen. Durch erlebnispädagogische Teamaufgaben mit anschließenden Reflexionsrunden lernen die Schüler*innen in einem praktischen und spielerischen Setting, welche Vorteile Feedback haben kann. Wir haben einige Methoden in unserem Repertoire, die speziell auf Feedbackkultur abzielen und passen die Zusammenstellung der Programme immer flexibel an die Bedürfnisse der Klasse an. Also teile uns in deiner Anfrage gerne mit, wenn hier ein Schwerpunkt gesetzt werden soll.

Positives Feedback

Viele denken bei Kritik und Feedback zuerst an negative Rückmeldungen oder Verbesserungsvorschläge. Leider vergessen wir oft zu loben oder unsere Bewunderung auszusprechen. Kennt ihr das, wenn ein kleines Kompliment euch so richtig gute Laune macht und euch den ganzen Tag mit Energie erfüllt? Ganz pragmatisch gesehen, wird im Sinne der operanten Konditionierung ein erwünschtes Verhalten durch Lob positiv verstärkt und somit häufiger gezeigt. Im Sinne des Pygmalion-Effektes können Schüler*innen sogar über sich hinauswachsen, wenn du ihre positiven Eigenschaften betonst und ihnen wohlwollend gesinnt bist.

Wenn du bis hier hin gelesen hast, haben wir noch eine kleine Hausaufgabe für dich. Nimm dir im Laufe des heutigen Tages (am besten jetzt) die Zeit, jemanden anzurufen, der dir sehr wichtig ist. „Hey Oma, ich wollte dir einfach mal sagen, wie wichtig du mir bist…“ und siehe was passiert. Tipp: das wird euren Liebsten den Tag sehr versüßen!

Alte Hände, die ein Telefon halten.

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