Ausgesetzt in der Wildnis
8. September 2023
Unsere Wildnisausbildung geht in die letzte Runde! Bevor sich unsere Azubis nach dem letzten Block im September und der anschließenden Abschlussprüfung dann Wildnispädagog:innen nennen dürfen, gab es noch einen besonderen Test: sie wurden in der Wildnis ausgesetzt.
In einigen indigenen Kulturen gibt es Rituale, bei denen Menschen in der Wildnis ausgesetzt werden und auf sich allein gestellt überleben müssen. Diese Rituale haben oft tiefe kulturelle oder spirituelle Bedeutungen und dienen etwa als Reifeprüfung oder Initiation. Menschen, die in der Wildnis ausgesetzt waren, berichten oft, dass sie durch diese Erfahrung stärker und selbstbewusster geworden sind. Im Rahmen unserer wildnispädagogischen Ausbildung haben wir unsere Trainer:innen in der Wildnis ausgesetzt und sie hatten die Aufgabe von einem unbekannten Standort alleine wieder zurück zur Wildnisschule Senne zu finden.
Die Vorbereitung
Bevor unsere Wildnis-Azubis ausgesetzt wurden, gab es erstmal Trockenübungen (im wahrsten Sinne des Wortes – die Laubhütte soll ja regendicht sein…). Im Ernstfall kann es sein, dass wir keine Werkzeuge, geschweige denn Luxusgegenstände zur Hand haben. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie wir Feuer, sauberes Wasser und einen trockenen Unterschlupf aus der Natur beziehen können. Erst wenn diese Lebensgrundlagen gesichert sind können wir anfangen unsere Sonnenuhr-Rolex zu schnitzen.
Ich packe meinen Koffer …
… und nehme mit: ein Messer, Wasser, ein Tarp, einen Schlafsack, eine Lampe und ein Feuerzeug. Darauf einigten sich die Teilnehmenden. Sie sollten sich absprechen, welche 6 Gegenstände sie in die Wildnis mitnehmen würden. Eine geeignete Ausstattung für ein Survival-Abenteuer. Aber das alles einfach mitzunehmen wäre ja langweilig. Deshalb wurden wir kreativ und bastelten das alles aus Naturmaterialien.
Trockenübung Laubhütte
Normalerweise nächtigen unsere Wildlinge unter Tarps – aufgespannte Planen, die vor Regen, Sonne und Wind schützen. Aber wer kennt es nicht: du spazierst frohlockend durch den Wald, verläufst dich und hast ausgerechnet diesmal dein Tarp vergessen… Kein Problem! Eine Konstruktion aus Ästen und Laub kann Abhilfe schaffen!
Na, welche Laubhütte schützt am besten vor Regen? Hier der Gießkannentest:
Wasser
Die meisten Lebewesen schwören auf diesen Survival-Tipp: Wasser. Dieses zeitlose Getränk schmeckt und spendet Energie. Kein sauberes Wasser dabei? Oder den ganzen Vorrat schon ausgetrunken? Eine alte Plastikflasche kann hier sehr nützlich sein!
Den Wasserfilter befüllen wir mit Schichten aus:
- grober Kies
- feinerer Kies
- Sand
- Kohle
So können wir Wasser aus Bächen reinigen und trinkfertig machen. Fließende Gewässer wie Bäche sind in der Regel sauberer als stehende Gewässer wie Seen, aber sie können immer noch mit Mikroorganismen wie Bakterien, Viren, Parasiten und Algen kontaminiert sein. Diese Mikroorganismen können Magen-Darm-Erkrankungen, Erbrechen, Durchfall, Fieber und andere gesundheitliche Probleme verursachen.
Survival Legende Bear Grylls empfiehlt im Zweifelsfall sogar den eigenen Urin zu trinken, bevor man verdurstet.
Feuer
Ein Feuer kann uns Wärme spenden und vor dem Erfrieren retten. Wir können es zum Garen von Essen nutzen und es hilft uns in der Dunkelheit besser zu sehen.
Feuerzeug und Taschenlampe haben wir durch eine selbstgebaute Fackel ersetzt.
Aber Achtung: wenn es nicht zwingend notwendig zum Überleben ist, sollte man gerade in den trockenen Sommermonaten im Wald besser kein Feuer machen. Die Gefahr eines Waldbrandes ist nicht zu unterschätzen!
Herausforderung nach Wahl
Nach gründlicher Vorbereitung ist es nun soweit: die Azubis werden ausgesetzt. Unserem Grundsatz “Herausforderung nach Wahl” entsprechend konnten sie den Schwierigkeitsgrad selbst wählen. Dabei standen ihnen 3 Level zur Auswahl:
Level 1
- Entfernung (Luftlinie) zur Wildnisschule: 10 km
- Ansonsten keine Einschränkungen
Level 2
- Entfernung (Luftlinie) zur Wildnisschule: 15 km
- eine Garnitur Kleidung
- 7 Gegenstände eurer Wahl (Kompass & Karte zählen nicht)
Level 3
- Entfernung (Luftlinie) zur Wildnisschule: 20 km
- wählt 7 Gegenstände aus
- 3 der 7 Gegenstände werden zufällig per Würfelwurf weggenommen
- Kompass ist dabei, Karte muss selbst gezeichnet werden
Bei allen Leveln:
- Das Handy wird in einem Briefumschlag versiegelt und darf nur im äußersten Notfall ausgepackt werden!
Die Aussetzung
Nun ist es soweit! Unsere Wildnis-Helden werden vor eine besondere Herausforderung gestellt. Ihnen werden die Augen verbunden und sie werden einzeln an verschiedenen Standorten in der Wildnis ausgesetzt. Die Aufgabe ist es, nur mit Kompass und Karte den Weg zurück zur Wildnisschule zu finden.
- 19:30 Uhr: Die Aussetzung beginnt.
- 20-21 Uhr: Die Azubis werden nach und nach mit Autos zu den jeweiligen Standorten gebracht.
- 1:15 Uhr: Die ersten treffen wieder an der Wildnisschule ein.
- 8 Uhr: Die letzten treffen wieder ein.
Spätestens am nächsten Morgen hatten es alle geschafft! Schaut hier den Videobericht:
Die Sterne als Wegweiser
Moritz musste unterwegs feststellen, dass sein Kompass abhanden gekommen ist. Das war aber kein Problem! Er orientierte sich an den Sternen und dem Mond und fand so den richtigen Weg!
Das waren auf jeden Fall ein paar ungeplante Zwischenfälle, die das Ganze nochmal spannender gemacht haben. Dadurch habe ich eine gewisse Gelassenheit bekommen, mit der ich auch den nächsten Nachtwanderungen oder Aussetzungen begegnen werde.
Moritz, angehender Wildnispädagoge
Tipp: der große Wagen zeigt immer auf den Polarstern, und der Polarstern zeigt nach Norden!
Der magische Wald
In unserem neuen Programm “der magische Wald” machen Grundschulkinder Naturerfahrungen. Aber keine Sorge! Wir setzen sie dabei natürlich nicht alleine im Wald aus! Unsere wildispädagogischen Trainer:innen stellen ihnen Teamaufgaben, in denen sie die Natur auf spielerische Weise erfahren und ein Bewusstsein für die Umwelt geschaffen wird.