Wie wir uns vor Cybergrooming schützen können
29. Juni 2023
Das Internet bietet im digitalen Zeitalter eine Fülle an Möglichkeiten sich auszutauschen und zu vernetzen. Viele Menschen profitieren davon, helfen sich gegenseitig in Foren, gründen weltweite Fanclubs von ihrer Lieblingsband oder videochatten mit ihrer Oma in Timbuktu. Auch das Kennenlernen neuer Leute scheint leichter denn je, da wir gefühlt jeden Menschen auf der ganzen Welt über Instagram, TikTok und Co. erreichen und so unser perfektes Match, unseren Seelenverwandten finden können.
Doch leider gibt es Menschen, die dieses natürliche Bedürfnis nach Verbundenheit ausnutzen. Beim Cybergrooming bauen Erwachsene online eine Beziehung zu Kindern oder Jugendlichen auf um sie, meist sexuell, auszubeuten. Vertrauen wird dabei gezielt und schrittweise aufgebaut. Später kommt es dann häufig zu Erpressungen oder realen Treffen.
Welche Arten von Cybergrooming gibt es?
Es gibt eine Vielzahl an Tätern im Netz, die unterschiedliche Ziele auf unterschiedlichen Wegen verfolgen. Im Folgenden werden einige Arten des Cybergroomings beschrieben, die in vielen Fällen aber auch gemischt auftreten.
Empfangen von Nacktbildern
Viele Täter versenden, oft ungefragt, Nacktbilder von sich oder anderen. Das Opfer will diese „Dickpics“ in den meisten Fällen gar nicht sehen. Vor allem für Kinder kann sowas verstörend sein. Auch Jugendlichen in der Pubertät kann so ein gesunder Zugang zu Sexualität verwehrt werden. Rechtlich gesehen gilt das als sexuelle Belästigung und ist somit strafbar.
Aufforderung zum Senden von Nacktbildern
Dies kann auf verschiedene Arten passieren. Es könnte beispielsweise als romantisches „Sexting“ wahrgenommen werden. Auch Versprechungen von Geld oder Geschenken bringen viele Opfer dazu, freizügige Bilder zu versenden.
Drohungen
Der nächste Schritt der Täter, sobald sie ein Nacktbild bekommen haben, ist häufig Erpressung, um noch mehr Nacktbilder oder andere sexuelle Handlungen vom Opfer zu verlangen. Zudem ist es wichtig, welche Informationen man von sich preisgibt. So könnte beispielweise der Wohnort des Opfers als Druckmittel genutzt wird.
Verabredungen im realen Leben
Laut einer Studie der Landesanstalt für Medien NRW von 2022 haben 24,1% der 8-17 Jährigen schonmal eine erwachsene Person im Internet kennengelernt, die sich mit ihnen im realen Leben verabreden wollte. Manche Täter machen den Opfern Komplimente und laden diese dann zu einem Fotoshooting ein. Auch die Hoffnung auf ein romantisches Date kann einen dazu bewegen, sich mit fremden Leuten aus dem Internet zu treffen.
How to: Sicher Leute im Internet kennenlernen
Viele mögen jetzt vielleicht denken es sei besser sich oder die eigenen Kinder komplett von Social Media fernzuhalten, um Gefahren, wie Cybergrooming zu vermeiden. Das ist jedoch gar nicht nötig. Natürlich haben wir soziale Bedürfnisse und wollen neue Leute kennenlernen. Und es ist auch in Ordnung die neuen Medien dafür zu nutzen. Wenn wir ein paar Dinge beachten, können wir uns schon viel sicherer im Netz bewegen.
1. Privatsphäre Einstellungen
Nutze die Privatsphäre-Einstellungen in sozialen Medien, um sicherzustellen, dass nur vertrauenswürdige Personen Zugriff auf deine Informationen haben. Begrenze den Zugriff auf dein Profil und deine Inhalte.
2. Background-Check
Wenn dir neue Leute folgen oder dich anschreiben, überprüfe ihr Profil. Haben sie echte Menschen als Follower? Haben sie eigene Fotos hochgeladen? Haben sie bei Apps wie Snapchat einen Snapscore (ein kleiner Score kann auf ein Fakeprofil hinweisen)? Tipp: Wenn du Zweifel an dem Profil hast, kannst du die Bilder durch reverse-image-search Suchmaschinen, so wie Google-Bilder laufen lassen, um zu schauen, ob sie geklaut sind.
3. Was erzähle ich im Chat?
Nachdem du das Profil gecheckt hast, kann es sein, dass du mit der Person chatten möchtest. Das ist auch ok. Beim schreiben solltest du darauf achten, was du über dich preisgibst. Sollte jemand fremdes deinen vollständigen Namen oder deine Adresse kennen? Wissen, auf welche Schule gehst? Deine Telefonnummer haben?
4. Echtheits-Check
Nehmen wir mal an ihr versteht euch gut im Chat und du willst wissen, ob die Person nun wirklich die ist, für die sie sich ausgibt. Telefonate, Sprachnotizen und Videoanrufe können dabei helfen. Du könntest z.B. auch schrieben: „Hey, schick mal bitte ein Bild von deiner Hand und daneben einen Zettel, worauf dein Benutzername und das Datum von heute steht.“ Die Hand eines 16-Jährigen sieht z.B. ganz anders aus als die eines 50-Jährigen. Abgesehen davon, dass es ein Aufwand wäre, so ein Bild zu faken, schrecken die meisten Täter auch vor Leuten zurück, die solche Sicherheitsvorkehrungen treffen. Die Täter suchen in der Regel unvorsichtige Opfer, bei denen sie ein leichteres Spiel haben.
5. Melden und Blockieren
Falls du verdächtige oder unangemessene Nachrichten oder Annäherungsversuche bekommst, melde dies sofort den entsprechenden Plattformen und/oder den Strafverfolgungsbehörden.
6. Real-Life Treffen
Ihr habt jetzt schon länger gechattet und telefoniert und versteht euch gut. Vielleicht habt ihr ja wirklich einen tollen Menschen kennengelernt? Jetzt wollt ihr euch treffen. Um sicher zu sein, kannst du ein paar Dinge beachten. Sag vorher deinen Freund:innen Bescheid. Trefft euch an einem öffentlichen Ort, wie z.B. einem gut besuchten Café. Viele Täter möchten sich ungern an öffentlichen Plätzen treffen, um nicht aufzufliegen. Hier sind auch viele Leute anwesend, die dir im Notfall helfen können. Vielleicht setzt sich deine beste Freundin auch an einen anderen Platz in das Café und kann euch von weitem beobachten, wie eine Undercover-Agentin. Du kannst auch mit deiner Freundin abmachen, dass sie dich während des Treffens nach einer halben Stunde anruft, und du ihr mit einem Code-Wort mitteilst, ob alles gut ist. Solltest du dich während des Treffens unsicher fühlen, melde dich beim Personal des Cafés.
Darf man Nacktbilder verschicken?
Ja. Auch wenn man noch keine 18 Jahre alt ist, darf man eine sexuelle Beziehung haben und auch Nacktbilder mit jemandem austauschen. Damit du nichts machst, was du später bereust, solltest du aber ein paar Dinge beachten:
- Will ich, dass die Person mich so sieht?
- Vertraue ich der Person?
- Will die Person, die Fotos überhaupt sehen?
- Kann man mich auf dem Foto erkennen? (Gesicht, Muttermale, Tattoos, Umgebung, …)
- Ist die App sicher, über die ich die Fotos sende?
- Was wäre, wenn das Foto weitergeleitet oder veröffentlicht würde?
Selbst wenn wir Fotos ohne Gesicht versenden, kann es sehr einfach sein, aus wenigen Details z.B. im Bildhintergrund den Standort herauszufinden. So kann etwa anhand von Gebäuden und Sonnenstand errechnet werden, wo das Bild entstanden ist. Auch Gegenstände in deinem Zimmer könnten verraten, wer du bist. Oft enthalten Fotos auch Metadaten, die verraten, wann und wo sie aufgenommen wurden. Bei Apps, wie Snapchat, mit selbstlöschenden Nachrichten ist auch Vorsicht geboten – selbst wenn man keine Screenshots machen kann, kann man das Handy mit einem anderen Handy abfotografieren. Natürlich kann es auch passieren, dass jemand in deinem Alter, dem du vertraust deine Fotos weiterschickt.
Letztendlich liegt es an dir, zu entscheiden, ob du Nacktfotos versenden möchtest oder nicht. Es ist wichtig, dass du deine eigene Sicherheit und Privatsphäre stets im Blick behältst und verantwortungsbewusst handelst.
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Escape-Rooms zum Thema Cybergrooming
Bei unseren Escape-Rooms tauchen Kinder und Jugendliche in die Welt von Emma und Tom ein. Emma ist Opfer von Cybergrooming und Tom von Cybermobbing. Unsere Escape-Rooms wurden mit dem Hidden Movers Award der Deloitte Stiftung ausgezeichnet. Die Geschichten sind an reale Fälle angelehnt und werden durch interaktive Elemente, wie Chatverläufe, hautnah erfahrbar.
Der Fall von Emma hat mich wirklich sehr mitgenommen, da ich selbst mal ähnliche Erfahrungen gemacht habe. Ich habe mich bisher jedoch nie getraut darüber zu reden, weil ich mich geschämt habe. Es war ein gutes Gefühl, endlich darüber reden zu können und zu sehen, dass es andere Menschen gibt, denen es ähnlich geht.
Teilnehmerin
Förderung durch das LWL
In diesem Kontext wird das Projekt “SaveSpace! Mobile pädagogische Escape Rooms als innovatives Tool der Cybergroomingprävention” durch das Landesjugendamt Westfalen (LWL) von Mai 2023 bis April 2024 gefördert.
Holt den Escape-Room an eure Schule
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