Narzissmus bei Schüler*innen erkennen
28. März 2024
Narzisstische Tendenzen bei Schülern zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren, ist eine herausfordernde, aber wichtige Aufgabe für Lehrkräfte. Dieser Artikel soll ein differenziertes Verständnis für Narzissmus im schulischen Kontext schaffen, Anzeichen aufzeigen und Handlungsmöglichkeiten zur Empathieförderung bieten, ohne dabei voreilige Diagnosen zu stellen oder Etikettierungseffekte zu riskieren.
Was ist Narzissmus?
Narzissmus bezeichnet eine Persönlichkeitseigenschaft, die durch ein übersteigertes Selbstbewusstsein, ein starkes Bedürfnis nach Bewunderung und mangelndes Einfühlungsvermögen gekennzeichnet ist. In einem gewissen Maß ist das auch völlig normal und gesund, bei starker Ausprägung können jedoch zwischenmenschliche Probleme entstehen. Im schulischen Umfeld kann sich dies durch verschiedene Verhaltensweisen manifestieren.
Anzeichen von Narzissmus im Schulkontext
Schüler mit narzisstischen Tendenzen könnten ihre eigenen Leistungen stets als überdurchschnittlich darstellen und Kritik oder Feedback negieren.
Schwierigkeiten, sich in Mitschüler oder Lehrkräfte hineinzuversetzen, können ein Indiz sein.
Das Bestreben, stets im Mittelpunkt zu stehen und soziale Interaktionen zu dominieren, oft auf Kosten anderer.
Das Ausnutzen von Mitschülern oder Situationen, um eigene Ziele zu erreichen, ohne Rücksicht auf die Gefühle anderer.
Handlungsmöglichkeiten zur Empathieförderung
Empathie ist nicht nur eine angeborene Eigenschaft, sondern auch eine Fähigkeit, die entwickelt und gestärkt werden kann. Forschungen zeigen, dass Menschen durch gezielte Übungen und Bildungsprogramme lernen können, sich besser in die Gefühle und Perspektiven anderer hineinzuversetzen. Ein tieferes Verständnis für die Emotionen anderer, führt zu einem respektvolleren und empathischeren Miteinander.
Folgende Methoden eignen sich, um Empathie in der Klasse zu fördern:
Durch die Übernahme der Perspektive anderer in kontrollierten Situationen können empathische Fähigkeiten gestärkt werden.
Gezielte Reflexionsgespräche über die Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf andere können das Bewusstsein und Verständnis fördern.
Spezielle Programme und Workshops können helfen, Empathie systematisch aufzubauen.
Gemeinschaftsprojekte, die Kooperation und gegenseitige Unterstützung erfordern, stärken das soziale Miteinander.
Workshop zur Empathieförderung in eurer Klasse:
Haltung als Lehrkraft: Keine voreiligen Schlüsse
Es ist von größter Bedeutung, dass Lehrkräfte keine psychologischen Diagnosen stellen oder Schüler vorschnell mit Etiketten versehen. Die Zuschreibung negativer Eigenschaften kann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung führen, bekannt als Pygmalion-Effekt. Dieser Effekt beschreibt, wie positive oder negative Erwartungen das Verhalten und die Leistung von Schülern beeinflussen können. Eine Lehrkraft, die einem Schüler narzisstische Tendenzen zuschreibt, könnte unbewusst Verhaltensweisen fördern, die diese Tendenz verstärken, anstatt zu helfen.
Wir stecken andere viel zu oft in Schubladen. Eine verurteilende Haltung kann für viele Schüler*innen zu Problemen führen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass wir Menschen offen und verständnisvoll begegnen.
Narzissmus und Mobbing
Die Verbindung zwischen Narzissmus und Mobbing in Schulen ist ein komplexes Phänomen, das besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Schüler, die narzisstische Züge aufweisen, können sowohl Täter als auch Opfer von Mobbing sein. Auf der Täterseite kann das Streben nach Überlegenheit und Anerkennung dazu führen, dass narzisstische Schüler zu Mobbingverhalten neigen, um ihre Position zu festigen oder ihre Bedürfnisse nach Bewunderung zu erfüllen. Sie nutzen möglicherweise Mobbing, um ihre Dominanz zu demonstrieren oder andere herabzusetzen, was ihnen ein Gefühl von Macht und Kontrolle verleiht.
Auf der anderen Seite können Schüler mit narzisstischen Tendenzen auch zu Opfern von Mobbing werden, besonders wenn ihre Verhaltensweisen bei Gleichaltrigen auf Ablehnung stoßen oder Neid und Wettbewerb hervorrufen. Dies kann zu einem Teufelskreis führen, in dem narzisstische Schüler auf Mobbing mit verstärkten narzisstischen Verhaltensweisen reagieren, was wiederum zu weiterem Mobbing führen kann.
In beiden Fällen können wir mit Präventions- und Interventionsarbeit einen Unterschied machen. Das Ziel ist es, ein sicheres und unterstützendes Umfeld schaffen, in dem Mobbing nicht geduldet wird und in dem alle Schüler, unabhängig von ihren persönlichen Herausforderungen, Unterstützung und Verständnis erfahren. Durch die Stärkung der Klassengemeinschaft und die Förderung positiver Interaktionen können Lehrkräfte dazu beitragen, den Zusammenhang zwischen Narzissmus und Mobbing zu durchbrechen und ein inklusives Schulklima zu fördern, das allen Schülern zugutekommt.
Workshop für Mobbingprävention an deiner Schule:
Fazit
Das Erkennen narzisstischer Tendenzen bei Schülern erfordert ein hohes Maß an Sensibilität und Professionalität seitens der Lehrkräfte. Die Förderung von Empathie und sozialen Fähigkeiten ist ein wichtiger Schritt, um ein gesundes Miteinander in der Schulgemeinschaft zu unterstützen. Gleichzeitig ist es essentiell, sich der eigenen Grenzen bewusst zu sein und professionelle Hilfe zu suchen, wenn dies notwendig erscheint.
Die Gesundheit und das Wohlbefinden von Lehrkräften spielen dabei eine zentrale Rolle. Überlastete und gestresste Lehrer haben weniger Kapazitäten, auf ihre Schüler einzugehen und positive Beziehungen aufzubauen. Programme zur Stressbewältigung und die Förderung eines gesunden Arbeitsumfelds können daher nicht nur den Lehrenden, sondern auch den Lernenden zugutekommen .