Zwei junge Frauen mit Megafon auf gelbem Hintergrund. In der Mitte Schriftzug

Warum Naturerfahrungen besonders für junge Menschen wichtig sind

16. Mai 2023

Waldsilhouette

Zerzauste Haare, schmutzige Hände und ein breites Lächeln auf dem Gesicht – kein Computerspiel oder Film kann ersetzen, was ein junger Mensch in der Natur erlebt: Weiches Moos unter den bloßen Füßen spüren, den Stimmen der Vögel lauschen, den frischen Duft von nasser Erde nach einem Sommerregen einatmen.

Wie Medien Naturerfahrungen ersetzen

Kinder und Jugendliche begeistern sich mehr und mehr für digitale Medien. Das Abhängigkeitsrisiko ist jedoch nicht zu unterschätzen. 2,6 Prozent erfüllen bereits die Kriterien einer Social-Media-Sucht, wie eine Studie der DAK und des Deutschen Zentrums für Suchtfragen am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zeigt. Jungen und Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren verbringen laut dieser Studie durchschnittlich rund zweieinhalb Stunden täglich mit sozialen Medien. Weitere 6,3 % der Kinder und Jugendlichen erfüllen die Kriterien der recht neuen Diagnose „Gaming Disorder“, einer Computerspielsucht.

Zwei Hände tippen auf einer Tastatur und sind mit Handschellen gefesselt
Jungen und Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren verbringen laut einer DAK Studie durchschnittlich rund zweieinhalb Stunden täglich mit sozialen Medien.

Die Bedeutung von Naturerfahrungen für die Entwicklung junger Menschen wird hier oft übersehen. Dabei ist es wichtig für die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, Abenteuer zu erleben, die eigenen Grenzen auszutesten und Angst zu überwinden. Kälte und Hitze empfinden, Bäume erklimmen und Wälder erkunden– all das führt dazu, dass das Kind sich selbst als Teil der Natur fühlt. Eine wachsende Anzahl von Studien zeigt, dass der Kontakt mit der Natur nicht nur für die körperliche Gesundheit, sondern auch für die psychische und geistige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen von entscheidender Bedeutung ist.

Wir haben einige der neuesten Forschungsergebnisse zusammengetragen, um zu zeigen, warum Eltern und Pädagog:innen sich bemühen sollten, Kindern und Jugendlichen mehr Naturerfahrungen zu ermöglichen.

Aktuelle Forschung zu Naturerfahrungen

Naturkontakt ist essentiell für die Gesundheit und das Wohlbefinden von jungen Menschen. Es gibt eine ganze Reihe an Belegen aus epidemiologischen und anderen wissenschaftlichen Studien, die diese Aussage unterstützen. Kontakte mit Natur fördern einen aktiven Lebensstil, der die Risiken für Herzkreislauf- und andere chronische Erkrankungen vermindert. Sie tragen zur Verbesserung kognitiver Funktionen, zum Abbau von Stress und zum emotionalen Wohlbefinden bei. Bei Jugendlichen reduzieren sie das Risiko für psychische Gesundheitsstörungen wie Depressionen, Ängste  und Aufmerksamkeitsdefizit-Störungen mit Hyperaktivität (ADHS).

Zwei eindrucksvolle Bäume im Wald

Aktuelle Forschung bestätigt auch die Wirksamkeit des sogenannten ‚Waldbadens‘ (Shinrin-yoku). Der Trend aus Japan besagt, dass Aufenthalte in der Natur positive Effekte auf Psyche und Stimmung haben. Bereits nach einer halben Stunde im Wald ist eine deutliche Verringerung des Stresshormons Cortisol messbar und auch angstbezogene Hirnregionen zeigen eine niedrigere Aktivität.

Naturerlebnisse sind gut für die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Eine reizvielfältige Umwelt trägt dazu bei, psychische Entwicklungsschritte anzuregen und zu fördern. Bei Kindern, die spielerisch lustvolle Erfahrungen in einer vielfältigen, naturnahen und gestaltbaren Umwelt machen, werden Kreativität und Eigenverantwortlichkeit gestärkt.

In einer unabhängigen Studie des Marktforschungsinstituts Ipos von 2018, wurde das Spielverhalten von Kindern zwischen drei und zwölf Jahren untersucht. Dazu wurden 750 Frauen befragt, die Auskunft über das Spielverhalten ihrer eigenen Kindheit und dass ihrer Kinder gaben. Das Ergebnis zeigt, dass Kinder in Deutschland 25 Prozent weniger Zeit damit verbringen draußen zu spielen, als ihre Eltern es noch taten.

Freiwillig in Haft?

Außerdem spielen 56 Prozent aller Kinder nicht mal eine Stunde am Tag draußen an der frischen Luft, so eine Studie von OMO aus dem Jahr 2016. Die Hälfte aller vier- bis zwölfjährigen Kinder ist noch nie allein auf einen Baum geklettert und fast ein Viertel hat niemals ein freilebendes Tier gesehen. Das ist weniger Zeit als Gefängnisinsassen gewährt wird: Sie verbringen täglich im Schnitt zwei Stunden an der frischen Luft beim Hofgang.

Auch die Untersuchungen des Jugendreports Natur aus dem Jahr 2021 zeigt im Vergleich zur Voruntersuchung von 2016 zum Teil erhebliche Rückgänge in Bezug auf Naturerlebnisse bei Kindern und Jugendlichen. Um welche Naturerlebnisse es sich dabei handelt wird in Abbildung 11 deutlich.

Statistikgrafik Naturererlebnisse

Die immer geringer werdenden Erlebnisse in der Natur sind ein starker Indikator dafür, dass sich junge Menschen (hier im Alter zwischen 12 und 15 Jahren) immer weiter von der Natur entfernen. Trotzdem besteht bei Kindern und Jugendlichen ein großes Interesse an Naturerlebnissen. Im Vergleich zur Voruntersuchung von 2016 lässt sich sogar ein tendenziell größeres Interesse an Naturerlebnissen beobachten. Allerdings scheint es den Kindern und Jugendlichen schwer zu fallen, Zugang zur Natur zu finden. Hierzu fehlt ihnen oft der Kontakt zu Eltern, Freunden, Naturschutzgruppen oder Jugendgruppen. In dieser Beobachtung liegt eine große Chance, den Jugendlichen die Natur durch erlebnisorientierte Aktionen wieder näherzubringen.

Natur (T-)Räume schaffen

Es ist nicht immer möglich, diese Empfehlungen in den Alltag zu integrieren. Dennoch sollten wir als Eltern unsere Kinder nach bestem Wissen und Gewissen dazu ermutigen, nach Draußen zu gehen. Das natürliche Bedürfnis von Kindern nach Bewegung sollte nicht unterdrückt werden. Der Terminkalender der Kinder sollte Raum für Selbstbeschäftigung und freie Entwicklung lassen. Wenn wir überlegen, was uns selbst in unserer Kindheit am meisten geprägt hat, würden die wenigsten wohl sagen, es waren ihre wöchentlichen Verpflichtungen. Die Mehrheit der befragten Mütter in einer Studie von Ipsos gab an, dass die schönsten Kindheitserinnerungen beim Spielen im Freien mit Freunden oder Geschwistern entstanden sind.

Natürlich gibt es auch mal berechtigte Sorgen um mögliche Risiken beim freien Spiel an der frischen Luft. Es ist nicht immer leicht zu akzeptieren, dass ein blauer Fleck manchmal dazugehört, um etwas über Verantwortung und Selbstständigkeit zu lernen. Die psychischen Wunden durch Isolation verheilen hingegen nicht so leicht.

Was bringen Naturerlebnisse?

  • Reduktion von Stress und Angst
  • Positive Stimmung und Wohlbefinden
  • Entwicklungschancen
  • Wissen über Umwelt

Ab nach draußen!

Die hier dargelegten Studien machen deutlich, welche Relevanz Naturerfahrungen für junge Menschen haben. Darüber hinaus wurden die positiven Effekte aufgezeigt, die jedoch nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn das Wissen auch in die Tat umgesetzt wird. Deshalb sind jetzt Sie als Eltern, Pädagog:innen oder Lehrkräfte gefragt. Wie wäre es beispielsweise mit einer einfachen und spannenden Aktivität beim nächsten Waldspaziergang?

Um Ihnen diesbezüglich eine kleine Anregung zu geben, haben wir eine einfache, aber höchst effektive Methode für Sie herausgesucht:

Naturbingo

Beim Naturbingo begeben sich die Kinder auf eine Schatzsuche. Ein Eierkarton dient dabei als Schatztruhe, und die Schätze werden von der Natur bereitgestellt. Legt z.B. vorher fest, wonach die Kinder suchen sollen: ein Blatt, eine Eichel, etwas Moos, eine Feder und viele weitere Naturschätze, die sie finden und in ihre Schatztruhe legen müssen. Beim Suchen der Schätze lernen die Kinder ihre Umgebung besser kennen und kommen an der frischen Luft in Bewegung. Naturbingo kann im Wald, im Park oder im Garten gespielt werden. Anstelle eines Eierkartons kann auch ein Blatt beschriftet oder mit den zu suchenden Gegenständen bemalt werden, worauf die Kinder ihre Naturschätze legen (siehe Bild).

Ein Zettel, der auf einem Baumstamm im Wald liegt, mit aufgemalter Tabelle auf denen die jeweils gelisteten natürlichen Materialien liegen (z.B. Löwenzahn und Sand).

Der magische Wald

Holzscheiben mit magischen Symbolen liegen auf einem moosbedeckten Baum

Abschließend möchten wir auf unser spannendes Outdoor-Abenteuer “Der magische Wald” hinweisen. Es bietet Grundschülern eine einzigartige Gelegenheit, die Wichtigkeit von Naturerfahrungen praktisch zu erleben. Durch dieses Programm können sie nicht nur die Schönheit und den Wert der Natur hautnah erfahren, sondern auch wichtige Fähigkeiten und Einsichten gewinnen. Lasst uns gemeinsam die Magie der Natur erleben!