Zwei junge Frauen mit Megafon auf gelbem Hintergrund. In der Mitte Schriftzug

Mein Weg in einen sozialen Beruf

6. Februar 2024

Hallo. Ich bin Trainer beim Helden e.V. und heute möchte ich euch erzählen, wie ich meinen Weg in einen sozialen Beruf gefunden habe und wie dieser sich auf mein Leben auswirkt.

Person mit Helden e.V. Pullover steht im Gang einer Schule.

Schwieriger Schüler

Während meiner Schulzeit war mein Verhalten zu großen Teilen das, was ich rückblickend als antisozial bezeichnen würde. Ich nahm wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer und war als Assistent in Mobbingprozessen beteiligt. Regeln für ein harmonisches Miteinander ignorierte ich absichtlich und das Klassenklima konnte mir egaler nicht sein. Ich musste regelmäßig Nachsitzen, Strafarbeiten verrichten und wurde mehrmals von der Schuldirektorin verhöhrt. Das Leben eines Rebellen erfüllte mich mit Freude und ich ließ keine Gelegenheit ungenutzt, der Gesellschaft den Mittelfinger zu zeigen. Blutige Nasen und gebrochene Herzen säumten meinen Weg. Überall, wo ich hinkam hinterließ ich eine Spur der Verwüstung.

Wütender Junge der schreit.

Umgang mit schwierigen Schülern

Du bist Lehrkraft und hast schwierige Schüler:innen in deiner Klasse? In unseren Vorträgen “Umgang mit schwierigen Schülern und Schülerinnen” zeigen wir praxisbewährte Handlungsmöglichkeiten auf Grundlage von Sozialpsychologie und jahrelanger Erfahrung mit unterschiedlichen Gruppen. Auf Wunsch geben wir dabei auch eine individuelle Fallberatung.

Der Wendepunkt

Wer nicht sehen will muss fühlen. Die Reue aus den Jahren der Ignoranz holte mich ein als ich 16 war. Auch wenn ich die psychischen Wunden meines Schul”freundes”, den wir jahrelang gemobbt hatten, nichtmehr heilen konnte, schwor ich mir, ab jetzt keine neuen hinzufügen. Bei niemandem. Ich bekannte mich also zum Pazifismus. Seit dem wurde ich nurnoch zwei mal geschlagen. Irgendwie verloren Leute, die auf eine Schlägerei aus waren, schnell die Motivation, wenn ich mich nicht provozieren ließ.

Den Jungen den wir gemobbt hatten, hatte ich immer als “Freund” gesehen. Jetzt wurde mir klar, dass ich ihm schon lange kein guter Freund mehr war. Am Anfang der fünften Klasse war er ein fantasievolles Kind, das pausenlos zeichnete. Am Ende der elften glich er eher einem Zombie, der nur noch ins Leere starrte. Wir hatten ihn kaputtgemacht. Wir hatten seine Seele herausgerissen.

Ich war schon immer mehr so der Typ, der durch ausprobieren lernt. Aus Fehlern lernt man. Empathie kann man auch lernen. Die Schuldgefühle und die Scham über das, was wir getan haben spürte ich leider viel zu spät. Heute ist mir klar, dass ich das Geschehene nicht mehr rückgängig machen kann und ich bin froh, dass mein sogenannter “Freund” meine nachträgliche Entschuldigung nicht angenommen hat.

Die Mobbing Rollen und Phasen

Während meiner Schulzeit bekamen wir weder Psychoedukation, noch Präventions- oder Interventionsprogramme. Über die Dynamiken und die Folgen von Mobbing wurden wir nie aufgeklärt. Der Helden e.V. schafft bei jungen Menschen Bewusstsein über diese Prozesse. In diesem Video werden die verschiedenen Rollen und Phasen in einem Mobbingprozess anschaulich dargestellt:

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Karriere machen

Hier ein kleines Rätsel: Was passiert mit Schülern, die keine Hausaufgaben machen, oft schwänzen, nie lernen und denen generell alles egal ist? Richtig: sie kriegen schlechte Noten. Und meine Noten wurden so schlecht, dass ich das örtliche Gymnasium nach der elften Klasse verließ, da ich das Abi sowieso nicht geschafft hätte. Danach begann für mich ein berufliches All-You-Can-Eat Buffet. Ich probierte vom allem mal ein bisschen. Mediendesign, Hausmeister, Einzelhandel, Pizzabote, Lagerist – nichts davon erfüllte mich. Also entschloss ich, die Schulbank noch einmal zu drücken und ging ans Abendgymnasium. Es hat 21 Jahre gedauert, bis so etwas wie Gewissenhaftigkeit in mir herangereift war.

Irgendwo hatte ich mal von dem psychologischen Phänomen gehört, dass der erste Eindruck besonders wichtig und bleibend sei. Ich setzte also alles daran, in den ersten Unterrichtsstunden aufgeweckt und interessiert zu wirken und mich bei jeder noch so kleinsten Gelegenheit zu melden. Noch ahnte ich nicht, dass diese Stunden meinen weiteren Lebenslauf bedeutend verändern würden. Mein Engagement und Interesse hörte in den folgenden Unterrichtsstunden nicht auf. Das was ich zu Anfang noch gespielt hatte wurde echt. Heute weiß ich, dass ich eine selbsterfüllende Prophezeihung in Gang gesetzt hatte. Ich schrieb nurnoch Einsen.

Grafik, die einen Kreislauf zeigt. Der Glauben und das Handeln anderer beeinflusst unser eigenes Glauben und Handeln. Und umgekehrt.

Wie du mit Hilfe von psychologischen Effekten deine Schulnoten aufbessern kannst, erfährst du hier:

Psychologie und Erlebnispädagogik

Mit dem sehr guten Abi konnte ich nun einen Weg einschlagen, von dem ich schon lange geträumt hatte. Ich begann mein Psychologiestudium. Besonders die Sozialpsychologie weckte meine Faszination. Im vierten Semester suchte ich nach einem Platz für mein Pflichtpraktikum und erinnerte mich an die Worte eines Freundes, der mich mal gefragt hatte, ob Erlebnispädagogik nicht was für mich wäre. Wie das Schicksal es wollte, landete ich beim deutschlandweit einzigen Verein, der Erlebnispädagogik mit Sozialpsychologie kombiniert. Beim Helden e.V..

Wirkmodell der Heldenakademie

Wirkmodell der Heldenakademie.

Ausbildung und soziale Skills

Die Intensivausbildung zum Erlebnispädagogen war eine einzigartige Zeit. Ich lernte mich in einer Gruppe effektiv einzubringen und fühlte mich unglaublich lebendig. Herausfordernde Teamaufgaben und Persönlichkeitsentwicklung standen hier an der Tagesordnung. Ich habe es sehr genossen zu sehen, wie die Gruppe sich entwickelte und die sozialpsychologischen Wirkmechanismen waren deutlich spürbar. Abgerundet wurde das ganze von urkomischen Spieleabenden und gemeinschaftlichen Stunden am Lagerfeuer. Ich hatte nun meine rüpelhafte Vergangenheit hinter mir gelassen und wurde zu einem Ritter der Liebe. Das Mindset war da, jetzt fehlte nurnoch das Training.

Aushandlungsprozess während der erlebnispädagogischen Ausbildung.

Intensivausbildung Erlebnispädagogik

Du kannst dir vorstellen die Ausbildung beim Helden e.V. zu machen und Teil des Teams zu werden? Hier gibt es mehr Infos:

Sozialer Beruf in der Praxis

An meinem ersten Tag als Co-Trainer war ich noch sehr unsicher. Ich fragte mich zwischendruch sogar, ob ich überhaupt für den sozialen Bereich geeignet bin. Heute weiß ich, dass das ganz normal ist. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Mit jedem Programm, was ich machte, wurde ich sicherer und ich merkte, wie ich langsam meine eigene pädagogische Haltung fand. Locker und lustig, aber auch ernst, wenn es darauf ankommt. Es kamen die ersten Akutinterventionen bei Mobbingfällen und auch sogenannte “Problemklassen”.

Es ist ein schönes Gefühl einen Draht zu den jungen Menschen zu haben und die Aha-Momente in den Gesichtern zu sehen. Es fühlt sich fast an, wie freie Energie. Die Passion, die ich gebe, bekomme ich tausendfach zurück. Das Gefühl nach einem erfolgreichen Programm, das Gefühl einen Unterschied zu machen erfüllt mich. Und ja, möglicherweise habe ich auch schon die ein oder andere Träne der Rührung verdrückt.

Schulklasse bei der Aufgabe "Moorpfad"

Unsere Programme

Abgestimmt auf aktuelle Herausforderungen haben wir eine Auswahl an Workshops, die sich bewährt haben. Von Mobbing über Cybergrooming oder Resilienzförderung bis hin zu Nachhaltigkeit und vielem mehr. Hier ein Überblick:

Erlebnispädagogik leben

Aus Erlebnissen wachsen und lernen wir. Erlebnisse machen das Leben lebenswert. Erlebnisse verbinden. Erlebnisse prägen uns. Erlebnisse sind der Stoff aus dem die Träume gemacht sind. Lieber ein gebrochener Arm als ein gebrochener Wille (bitte nicht wörtlich nehmen, die Sicherheit unserer Teilnehmer liegt uns sehr am Herzen). Erlebnispädagoge sein ist mehr als nur ein Beruf – es ist eine Lebenseinstellung, die sich auf alle Bereiche des Alltags auswirkt.

Abbildung: Lernen mit Kopf, Herz und Hand.

Bewusst geworden ist mir das, als ich in der Uni ein Referat halten sollte. Meine Kommilitonen setzten auf Frontalunterricht, mit Fließtext zugekleisterte Powerpointfolien und ein Fachwortmassaker sondergleichen. Wer da länger als zwei Minuten zuhören, geschweige denn etwas davon mitnehmen kann muss ganz klar ein Roboter sein. Der Erlebnispädagoge in mir gestaltete meinen Vortrag anders. Ich baute eine Menge interaktiver Elemente und Raum für offenen Austausch ein. Ich versuchte die recht trockenen Inhalte so gut es ging erlebbar zu machen. Und es funktionierte. Anderthalb Stunden lang schaute ich in aufmerksame und unterhaltene Gesichter. Durch meine Arbeit mit Schulklassen, fühle ich mich viel sicherer vor Gruppen zu sprechen und mit ihnen zu interagieren. Die sozialen Skills sind in so vielen Lebensbereichen nützlich. Auch auf Parties fühle ich mich heute sicherer und habe mehr Spaß.

Fazit zu meinem sozialen Beruf

Person mit Helden Pullover steht vor Schulklasse.

Insgesamt kann ich sagen, dass mich der Beruf des Erlebnispädagogen sehr erfüllt, auch wenn es für mich als Kind und Jugendlicher undenkbar schien, jemals mit Menschen zu arbeiten. Auch wenn ich das Mobbing, was ich meinem “Freund” in der Schulzeit angetan habe, nicht wiedergutmachen kann, kann ich jetzt für andere die Welt ein bisschen besser machen. Ich bekomme tolles Feedback und sehe, wie ich junge Menschen dazu inspiriere einen Unterschied zu machen. Das elaborierte Konzept, die Methoden und die coole Atmosphäre im Trainerteam machen den Helden e.V. besonders. Jeder Trainer hat seine oder ihre eigene Geschichte. Die Reise als Erlebnispädagoge hat zu meinem persönlichen Wachstum beigetragen und ich bin gespannt auf das was noch kommt.