Zwei junge Frauen mit Megafon auf gelbem Hintergrund. In der Mitte Schriftzug

Waldbaden: psychologische Effekte

10. Juni 2024

Zwei eindrucksvolle Bäume im Wald. Beim Waldbaden in die Natur eintauchen.

Der Trend aus Japan “shinrin-yoku” (森林浴), auch bekannt als “Waldbaden”, soll positive Auswirkungen auf die Gesundheit von Körper und Geist haben. Dabei wird die Natur bewusst mit allen Sinnen wahrgenommen und man taucht in die Atmosphäre des Waldes ein. Wie das funktioniert und was es wirklich bringt, zeigen wissenschaftliche Studien. In diesem Artikel erfährst du, was beim Waldbaden im Gehirn passiert.

Vorteile vom Waldbaden auf einen Blick

  • spürbarer Erholungseffekt
  • Stressabbau
  • erhöhte Kreativität und Konzentration
  • Angstlinderung
  • antidepressive Wirkung
  • Stärkung des Immunsystems

Warum wir alle Waldbaden sollten

Immer mehr Menschen leben heute in Großstädten. Neben Vorteilen wie, dass wir unsere Freunde mit der S-Bahn besuchen oder uns nachts noch Essen bestellen können, gibt es auch einen großen Nachteil: Stress. Dieser Stress entsteht durch Reizüberflutung, Menschenmassen und Entfremdung.

Typische Stressfaktoren

  • Zeitdruck
  • mangelnde Privatsphäre
  • Lärm
  • Soziale Isolation

Folgen von Stress

  • Depressionen
  • Angst
  • Bluthochdruck
  • Schlafstörungen

In einer Studie wurde gezeigt, dass bei Zugfahrten mit vielen Menschen auf engem Raum das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet wird. Wenn unser Gehirn ständig unter Stress steht, kann uns das auf Dauer Krank machen. Die Folgen sind dann häufig Depressionen, Angstzustände, Gewichtszunahme, Bluthochdruck und Schlafstörungen.

Menschen, die in Städten wohnen, leiden häufiger an psychischen Erkrankungen. Die Digitalisierung und die Corona-Pandemie haben außerdem dazu beigetragen, dass insbesondere junge Menschen unter Einsamkeit leiden.

Mädchen mit grünem Shirt schaut in die rechte obere Bild-Ecke. Hält dabei Smartphone in beiden Händen.

Unser Verein setzt sich deutschlandweit aktiv gegen soziale Isolation und Ausgrenzung an Schulen ein.

Mehr Infos zu sozialer Isolation bei Kindern und Jugendlichen findest du hier:

Studien zum Thema Waldbaden

Neben zahlreichen persönlichen Berichten über die positiven Effekte vom Waldbaden, beschäftigt sich nun auch die Wissenschaft mit dem Thema und es wurden bereits einige psychologische Experimente durchgeführt.

Kann ein Waldspaziergang Stress senken? Welche heilende Wirkung hat der Wald auf unsere Psyche? Diese und weitere Fragen wollen wir nun anhand von konkreten Studien und Fakten beantworten.

n einem Experiment von Park et al. wurden Menschen auf einen Wald- und einen Stadtspaziergang geschickt. Dabei hat sich gezeigt, dass nach dem Waldspaziergang der Cortisolspiegel (Stresshormon) deutlich gesunken war.

Ähnliche Ergebnisse wurden auch in anderen Studien gefunden. So haben Sudimac et al. herausgefunden, dass die Amygdala unter Stress weniger reizbar ist, wenn man vorher im Wald war. Die Amygdala ist Teil des Stressverarbeitungssystems im Gehirn.

Eine Abbildung der Amygdala im Gehirn.
Die Amygdala gehört zum Stresssystem. Nach dem Waldbaden ist sie weniger reizbar.

Was heißt das jetzt für uns?

Nach einem Waldspaziergang sind wir entspannter und lassen uns weniger stressen. Regelmäßige Aufenthalte in der Natur können also zu unserer psychischen Gesundheit beitragen, uns helfen innerlich zu heilen und uns resistenter für Krisen machen.

Warum hilft Waldbaden?

Wir wissen jetzt, dass Waldbaden eine positive Wirkung auf Körper und Psyche hat. Wie genau der Wald auf uns einwirkt ist bislang noch nicht geklärt. Es gibt jedoch einige Erklärungsansätze:

Eine Laubhütte
  • Evolution: der Wald als reichhaltiger Lebensraum

Wir fühlen uns im Wald besonders wohl, da er für unsere Vorfahren ein besonders attraktiver Lebensraum war. Der Wald bietet Nahrung, Wasser, Baumaterialien und Schutz vor dem Wetter.

  • Gesunde Duftstoffe

Phytonzide sind Stoffe, die von Bäumen zum Schutz vor Schädlingen abgesondert werden. Bei Experimenten mit Mäusen, wurde ein Entspannungseffekt von Phytonziden nachgewiesen. Weitere pflanzliche Duftstoffe, wie Terpene, zeigen in der Aromatherapie eine positive Wirkung bei Depressionen und Angst. Die Luft im Wald ist voll mit diesen Stoffen.

  • Beruhigende Geräusche

Eine Studie weist darauf hin, dass auch Geräusche in natürlichen Umgebungen einen Einfluss auf die Stressverarbeitung haben.

  • Die Farbe Grün

Grün ist die Farbe des Lebens, des Glücks und der Zufriedenheit. Die meisten Menschen verbinden positive Emotionen mit der Farbe Grün. In Farbpsychologie gibt es einige Belege dafür, dass grüne Farbe sich positiv auf Kreativität und Leistungsvermögen auswirkt.

  • Flora, Fauna, Landschaften

Das bewährteste Mittel gegen Depressionen ist Verhaltensaktivierung. Das bedeutet raus zu gehen und die positiven Seiten des Lebens wiederzuentdecken. Pflanzen, Tiere, Pilze, Berge oder Flüsse – der Wald hält einiges für uns bereit, was uns verzaubert und fasziniert!

Waldbaden für Kinder

Mit dem Waldbaden kann man nicht früh genug anfangen. Gerade Kinder profitieren von Aufenthalten in der Natur. Im digitalen Zeitalter verbringen junge Leute immer mehr Zeit vor Bildschirmen und gehen immer seltener raus.

56% aller Kinder spielen nicht mal eine Stunde am Tag draußen an der frischen Luft. Das ist weniger Zeit als Gefängnisinsassen gewährt wird: Sie verbringen täglich im Schnitt zwei Stunden an der frischen Luft beim Hofgang.

Der magische Wald

Im "magischen Wald" lösen Kinder Rätsel in der Natur.

Für die psychische Gesundheit von Kindern sind Naturerfahrungen besonders wertvoll. Resilienzförderung und die Reduktion von Stressbewältigung sind Werkzeuge, die wir Kindern an die Hand geben, um sie für psychische Herausforderungen zu wappnen.

Unser Outdoor Adventure “Der magische Wald” für Grundschulen macht den Wald für Kinder erlebbar. Bei den Rätseln wird der Wald mit allen Sinnen begriffen und auf spielerische Art Wissen vermittelt.

Quellen

Evans, G. W., & Wener, R. E. (2007). Crowding and personal space invasion on the train: Please don’t make me sit in the middle. Journal of Environmental Psychology27(1), 90-94. https://doi.org/10.1016/j.jenvp.2006.10.002

Habermann-Horstmeier, L. (2017). Risikofaktor” Stress”

Peen, J., Schoevers, R. A., Beekman, A. T., & Dekker, J. (2010). The current status of urban‐rural differences in psychiatric disorders. Acta psychiatrica scandinavica121(2), 84-93.

Park, B. J., Tsunetsugu, Y., Kasetani, T., Hirano, H., Kagawa, T., Sato, M., & Miyazaki, Y. (2007). Physiological effects of shinrin-yoku (taking in the atmosphere of the forest)—using salivary cortisol and cerebral activity as indicators—. Journal of physiological anthropology26(2), 123-128.

Sudimac, S., Sale, V., & Kühn, S. (2022). How nature nurtures: Amygdala activity decreases as the result of a one-hour walk in nature. Molecular psychiatry27(11), 4446-4452.

Cheng, W. W., Lin, C. T., Chu, F. H., Chang, S. T., & Wang, S. Y. (2009). Neuropharmacological activities of phytoncide released from Cryptomeria japonica. Journal of Wood Science55, 27-31.

Agatonovic-Kustrin, S., Kustrin, E., Gegechkori, V., & Morton, D. W. (2020). Anxiolytic terpenoids and aromatherapy for anxiety and depression. Reviews on New Drug Targets in Age-Related Disorders, 283-296.

Annerstedt, M., Jönsson, P., Wallergård, M., Johansson, G., Karlson, B., Grahn, P., … & Währborg, P. (2013). Inducing physiological stress recovery with sounds of nature in a virtual reality forest—Results from a pilot study. Physiology & behavior118, 240-250.